Die forensische Sprachwissenschaft ist eine aufstrebende Disziplin, die immer dann zur Anwendung kommt, wenn Schriftstücke jeglicher Art Gegenstand von Ermittlungen werden. Sie betrifft unter anderem strafbares Verhalten wie Stalking, Erpressung, Hasspostings und üble Nachrede. Darüber hinaus können auch anonyme Hinweise, Bekennerschreiben und Manifeste analysiert werden.
Wenn – wie häufig in solchen Fällen – die einzige Spur zum Täter eine sprachliche Spur ist, kann die forensische Sprachwissenschaft sprachliche Merkmale unbekannter Autor:innen identifizieren, diese mit Vergleichstexten potenziell Verdächtiger abgleichen und Sprachprofile für weitere Ermittlungen erstellen.
Da diese Analysen bislang manuell von Expert:innen durchgeführt werden müssen, kommen sie derzeit nur eingeschränkt zum Einsatz. Umso wichtiger ist es, zu wissen, in welchen Situationen Expert:innen hinzugezogen werden sollten – genau hier setzt das vorliegende Projekt an.
Das Projekt „TXT – Sprache als Spur“ verfolgt das Ziel, ein KI-gestütztes Analysetool zu entwickeln, das Texte auf ihre Eignung für eine tiefergehende linguistische Analyse prüft. Ergänzend soll das Tool eine Voreinschätzung darüber abgeben, ob bereits eine ähnliche sprachliche Spur in der bestehenden Datenbank vorhanden ist, die anschließend einer detaillierten Analyse durch Expert:innen unterzogen werden könnte.
Methodisch wird dieses Ziel durch den Einsatz von Techniken des maschinellen Lernens erreicht. Das entwickelte Tool soll zeit- und ressourceneffizient feststellen können,
- ob eine linguistische Analyse sinnvoll und möglich ist, und
- ob interne Vergleichstexte für eine weitere Untersuchung infrage kommen.
Als Datengrundlage dient vorwiegend die handschriftliche Lebenslaufsammlung des Referats Urkunden- & Handschriftuntersuchung im Büro für Kriminaltechnik des Bundeskriminalamts (BK) im Bundesministerium für Inneres (BMI). Diese Sammlung wird digitalisiert und durch weitere inkriminierte Schriftstücke ergänzt.
Projektleitung
Dr. Nina Kaiser
Hans Gross Zentrum für interdisziplinäre Kriminalwissenschaften
Institut für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie
Universität Graz
Projekt- und Kooperationspartner:innen
- Bundesministerium für Inneres (BMI)
- Institute of Visual Computing and Human-Centered Technology, Technische Universität Wien
- Business Analytics and Data Science Center, Universität Graz
- Institut für Anglistik, Universität Graz
- WareTec IT Solutions GmbH
Kontakt
Dr. Nina Kaiser
Hans Gross Zentrum für interdisziplinäre Kriminalwissenschaften
Universitätsstraße 15, Bauteil B3
8010 Graz, Österreich
+43 316 380 6668
zik@uni-graz.at
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